Karl Anders, 2010 – 2012, die Gründung

„In Hamburg hat eine neue Agentur eröffnet. Unter dem Namen Karl Anders bieten Ex-Ligalux-Chefin Claudia Fischer-Appelt sowie Jan Schlomo Knopp und Lars Kreyenhagen ihre Dienstleitungen an. Das Konzept: Karl Anders will mit seiner Kommunikation „aus Konsumenten Fans machen“. Dazu greift man auf die Disziplinen Design, PR, Live-Kommunikation, Werbung und Online zurück.“

Gemeinsam entwickelte das Hamburger Büro in den Jahren 2010 – 2012 Kampagnen, Kommunikation und Gestaltung für Patrick Mohr, Staatsoper Hamburg, Uniplan, Evangelische Kirche, Wilkhahn, Hamburg Hoch 11. Entstanden sind massgebliche Arbeiten wie Chew for Mohr, Live Layouting oder Wagner Wahn.

Zur Gründung von Karl Anders, die auf viel Interesse stiess, beispielhaft das Interview mit Dr. Babette Peters, Direktorin von hamburgunddesign.

Die Wirtschaftsbehörde Hamburg hat 1995 die Initiative hamburgunddesign° ins Leben gerufen. Neben Beratung, Vorträgen, Symposien und Informationsveranstaltungen wurde ein umfassendes, interdisziplinäres Netzwerk aufgebaut. Frau Dr. Babette Peters ist seit 1999 Direktorin von hamburgunddesign und ist darüber hinaus verantwortlich für die Entwicklung vom neuen Hamburger Designzentrum designxport.

Dr. Babette Peters: Claudia , Dich kenne ich ja nun schon seit vielen Jahren, aber Karl ist mir neu. Wer ist der Herr und wo hast Du ihn kennen gelernt?
Claudia Fischer-Appelt (C F A): Karl ist die kollektive Identität von Lars, Schlomo und mir. Hinter dem Namen verbirgt sich eine Agentur, die wir Anfang des Jahres gegründet haben.

Dr. Babette Peters: Und wie habt Ihr 3 Euch gefunden ?
     Jan Schlomo Knopp (J S K): Anfang 2010 bin ich zugezogen. Und dann ging das gemeinsame Arbeiten auch schon los. Das hat uns drei mit dem Kongress für Anders einfach überollt. Im positiven Sinne. So haben wir recht schnell gemerkt, wie gut wir uns ergänzen und wie ähnlich die Vorstellungen von neuen Wegen und Formaten in der Kommunikation sind.
Lars Kreyenhagen (L K): Claudia und ich kennen uns ja schon seit einigen Jahren. Wir haben schon früher bei Ligalux miteinander gearbeitet und Ende 2009 entschieden unsere freien Tätigkeiten in ein gemeinsames Büro zu überführen.

Dr. Babette Peters: Ihr kommt alle drei aus sehr klassischen Kommunikationsdisziplinen. Was macht jetzt Karl Anders?
      C F A: Wir haben uns schon immer im Spannungsfeld von Design, PR und Werbung bewegt. Mit unterschiedlichen Ausprägungen. Aber diese drei Disziplinen einen uns. Karl Anders also ist die konsequente Weiterentwicklung unserer Erfahrungen und Beobachtungen.

Dr. Babette Peters : Ihr habt 4 Leistungs bereiche definiert: Ideen, Konzepte, Klassiker und Experimente. Was genau verbirgt sich dahinter?
L K: Hinter den Klassikern stecken die gelernten Kategorien wie Corporate Design, Werbung, Events. Denn natürlich entwickeln wir Ideen und Konzepte für die Klassiker! Diesen Job lieben wir! Aber gleichzeitig experimentieren wir auch mit neuen Formaten und Wegen in der Kommunikation. Denn wir glauben, Kommunikation braucht neue Formate!
J S K: Vor allem erfinden wir neue Anlässe für Kommunikation. Das erscheint uns sehr wichtig. Denn über diese Anlässe erreichen wir die authentische und unmittelbare Einbindung von Zielgruppen in Kampagnen und sorgen so für eine nachhaltige Identifikation mit Produkten und Marken –
C F A: So werden die Zielgruppen Teil einer Geschichte, die sie gerne weiter erzählen. Das ist die Basis unserer Agentur.

Dr. Babette Peters : und das „etc .“ ?
C F A: Das etwas lässige „etc.“ im Namen ist uns sehr wichtig –
L K: Und durchaus ernstgemeint!
C F A: Es steht für alles, was da noch kommen wird. Denn wir haben gerade erst begonnen und werden nicht aufhören zu experimentieren.

Dr. Babette Peters: Was genau meint ihr mit Formaten?
L K: Wir wollen Menschen involvieren. Natürlich bedienen wir uns dazu auch der klassischen Tools des Designs, der Werbung oder der Events. Unser grundlegendes Ziel ist es, Konsumenten in Fans zu verwandeln.
J S K: Das ist die Antwort. Schau dir Apple an. Das sind keine Konsumenten. Das sind Fans. Fast schon Jünger.
C F A: Was wir wirklich gut können, ist Menschen zu begeistern. Für Produkte, für die gute Sache, für ein Unternehmen. Insbesondere bei Veränderungen und neuen Herausforderungen ist doch echte Begeisterung der Schlüssel zum Erfolg. Es liegt in der Natur der Menschen vor Veränderungen erst einmal Angst zu haben. Und Begeisterung löst diese Angst auf.
J S K: Wir glauben fest an die Kraft von Innovationen. Viele denken immer noch, dass Konsumenten doof sind und man ihnen alles vorsetzen könne. Das ist so unfassbar 1980. Darüber redet die Branche so lange ich denken kann. Im Rahmen meiner Dozentur für experimentelle Kommunikation in Basel betreibe ich Forschung in dem Bereich und weiß wie inspirierend Experimente für die Marketing und Kommunikation sind. Nur aus Experimenten entstehen Innovationen, die Veränderungen schaffen, die wir heute in der Kommunikation suchen. Ohne Experiment keine Revolution!

Dr. Babette Peters: Und für wen entwickelt ihr diese Experimente? Habt ihr nicht das Gefühl, das die Menschen und der Markt eher Angst vor Experimenten haben?
C F A: Auf den ersten Blick scheint das vielleicht so. Aber unser Zeitalter sucht händeringend nach neuen Wegen, hält aber immer noch reflexartig am Alten und Bekannten fest. Für uns sind Experimente grundsätzlich positiv besetzt. Das macht uns anders. Wir generieren so Antworten. Im Auftrag unserer Kunden erarbeiten wir aus Experimenten neue Anlässe und Erkenntnisse für Kommunikation.
L K: Und genau das wird auch von den Menschen honoriert. Experimente stehen für Innovation, Ernsthaftigkeit, Neugierde, Leidenschaft und Mut. So wie Karl Anders.
J S K: Deshalb experimentieren wir. Und aus diesen Versuchen, vor allem im Kultur- und Kunstbereich, entstehen neue Formate. Wie TRINKENHILFT zum Beispiel, ein eigenes, unabhängiges Finanzierungsformat für Kunst- und Kulturprojekte.

Dr. Babette Peters: Sind die Kunst – und Kulturschaffenden die Kernzielgruppe von Karl Anders oder welche Kunden wünscht Ihr Euch?
C F A: Wir arbeiten mit der gleichen Leidenschaft für Textildiscounter, Pharma-Unternehmen oder Fast Moving Consumer Goods. Auch Kooperationen mit größeren Agenturen sind denkbar. Dazu hat es in den vergangenen Wochen bereits sehr interessante Gespräche gegeben.
J S K: Die Kunst- und Kulturszene interessiert uns drei als Privatpersonen sehr. Darüber hinaus bringt jeder von uns natürlich seine eigenen Erfahrungen und Interessen mit ein. Da ist dann von Nachhaltigkeit über Sport und Automobile bis hin zu Ministerien einiges dabei.
L K: Von Konsumentenseite her gibt es eine Zielgruppe, die unserer Meinung nach besonders wichtig wird – eigentlich bereits ist, und die in den nächsten Jahren unsere Gesellschaft prägen wird. Wir nennen sie die Life Experts.

Dr. Babette Peters: Life Experts? Was kann ic h mir darunter vorstellen ?
L K: Rentner, Senioren, Silver Surfer oder Best Agers sind die etablierten Gattungsbegriffe für diese Zielgruppe. Aber die Leute wollen nicht länger ausgegrenzt und vom Marketing verarscht werden. Die heute über 65-Jährigen haben den Konsum wie wir ihn kennen doch eigentlich erst erfunden! Und die morgen 65-Jährigen sind die spannendste Zielgruppe die das Marketing zu bieten hat. Im Jahr 2050 ist jeder zweite Deutsche über 65. Wir auch.
J S K: Wir wollen dann aber immer noch Sneakers tragen. Ohne uns dabei wie 20-Jährige fühlen zu müssen. Wer bitte möchte freiwillig noch mal 20 sein?
L K: Im Gegenteil, diese Zielgruppe ist frei, unabhängig und weiß was im Leben wichtig ist. Das ist Luxus! Und echte Lässigkeit. Das zeichnet die Life Experts aus. Und dieses Feld möchten wir eröffnen und bespielen.

Dr. Babette Peters: Könnt ihr denn schon etwas mehr zu den eigenen Formaten verraten, die ihr gerade plant?
L K: Wir planen gerade ein Format das Freiberufler und Agenturen zusammenbringt. Aus meiner Arbeit bei Markenpersonal weiß ich das es im Markt großes Interesse daran gibt.
C F A: Wir haben viele Ideen zu Formaten im Kopf. Der „Kongress für Anders“ wartet auf Fortsetzung. „Wissen sitzt“ und die „Spam-Slam-Open“ stehen als nächstes vor der Tür. Der Experten-Gipfel, der Life-Experts und Kinder zusammenbringen wird, will umgesetzt werden.

Dr. Babette Peters : Was ist trinkenhilft?
     J S K: Karl Anders hat aus der Not eine Tugend gemacht – und ein eigenes Finanzierungsformat entwickelt: TRINKENHILFT. Das sich selbst finanzierende und unabhängige Happening unterstützt Kunst und Kulturprojekten unmittelbar und verzichtet auf lange Entscheidungsprozesse. Die Förderung erfolgt demokratisch und die finanziellen Mittel werden direkt und unmittelbar ausgeschüttet.

Dr. Babette Peters: Eine letzte, unvermeidbare Frage noch: Was unterscheidet Euch von anderen Agenturen?
L K: Das ist immer schwer zu beantworten. Als kleine Agentur gibt es natürlich diverse Charaktereigenschaften die uns kennzeichnen. Aber die Experimente machen schon einen großen Unterschied, da wir mit uns selbst auch immer experimentieren – also dabei geht es um Strukturen, Prozesse, Kreativität oder unsere Zusammenarbeit. Ein Beispiel: zuletzt haben wir zu dritt am Beamer Live-Layouting gemacht. Völlig undenkbar eigentlich.
C F A: Wir haben für unsere Art der Arbeit und Denkweise einen neuen Gattungsbegriff gefunden: Life Kommunikation. Life ist das neue Live sozusagen. Ganz banal, Kommunikation ist integraler Bestandteil unseres heutigen Lebens geworden. Wir erzeugen Kommunikationsanlässe, also Geschichten, und die Konsumenten sind Teil davon. Sie sind Akteure, Beeinflusser und Team. Sie interagieren mit der Marke, dem Produkt, der Kommunikation weil sie Teil davon sind. Und das schafft neue Anforderungen.
J S K: Nicht umsonst hat sich der Satz, der früher galt „Du bist was du hast“ fundamental gewandelt. Heute gilt „Du bist was du mitzuteilen hast“. Ein Umstand, dem wir mit unserer Agentur und der Art wie wir arbeiten Rechnung tragen.
C F A: Wir sind die Antwort – ganz einfach.